Editorischer Kommentar
| 59 Kein allgemeines Werk dieser Art ist noch in Frankreich erschienen. Der Essai élémentaire de Géographie botanique von Hrn. Decandolle enthält viele neue und geistreiche Ansichten, aber der Verfasser mußte sich auf eine geringe Anzahl Seiten beschränken, da seine Abhandlung für den von den Professoren des Jardin du Roi herausgegebenen Dictionnaire des sciences naturelles bestimmt war. Nur Dänemark und Deutschland besitzen ein Werk von größerer Ausdehnung, die vortreffliche Schrift des Hrn. Schouw Elemente einer Universalgeographie der Gewächse. Der schon durch eine Abhandlung De sedibus originariis plantarum vortheilhaft bekannte Verfasser hat die Masse des vorher bekannten vermehrt. Er gehört zu jener kleinen Anzahl von Reisenden, welche zugleich Botaniker und Physiker, wie Ramond, Wahlenberg, Decandolle, Parrot, Leopold von Buch, Ch. Smith und Pollini, zu gleicher Zeit die Spezies, die Höhe des Standpunkts und die mittlere Temperatur des Orts bestimmt haben. H. Schouw hat mit einem edlen wissenschaftlichen Eifer die Vegetation von Europa von der skandinavischen Halbinsel bis zum Gipfel des Aetna studirt. Seine vor 3 Jahren herausgegebenen Elemente würden noch verdienen, ins Französische übersetzt zu werden. Es ist ein botanischer Atlas dabei, und das Werk trägt das Gepräge eines höchst genauen und scharfsinnigen Geistes. In dem dänischen Werke finden sich sorgfältig die Bemerkungen über botanische Geographie, die Hr. v. Humboldt nach einander bekannt machte, zusammengestellt. Seinerseits wird dieser nun in den Elementen des Hrn. Schouw alles Neue und Wichtige, was sie enthalten, schöpfen; aber die beiden Werke werden nichts mit einander gemein haben, außer inwiefern dies bei der Erörterung eines Theils der nämlichen Fragen nothwendig ist.
Zur Geographie der Pflanzen der Hrn. von Humboldt und Kunth werden wenigstens 20 Kupferplatten gehören, worunter einige auf das Aussehen der Vegetation oder die Physiognomie der Pflanzen Bezug haben. Die Kupfer werden nach den Zeichnungen ausgeführt werden, die Hr. Rugendas unlängst in den Wäldern Brasiliens verfertigte. Dieser junge verdienstvolle Künstler hat 5 Jahre lang mitten im Reichthume der tropischen Pflanzenwelt gelebt. Er wurde durchdrungen vom Gefühl, daß in der wilden Fülle einer so wunderbaren Natur, der malerische Effekt in der Zeichnung immer durch die Wahrheit und treue Nachahmung der Formen entsteht. Das neue Werk gehört wesentlich zum Voyage aux régions équinoxiales der Hrn. von Humboldt und Bonpland; es ist eine Art Fortsetzung der von Hr. Kunth herausgegebenen Nova Genera. Da es über die größten Probleme der Natur handelt, so hat es nicht bloß wissenschaftliches Interesse für Botaniker und Physiker, es empfiehlt sich auch denen, welche gerne Gebirge besuchen oder den Reisenden in der Erzählung über die weite Ferne folgen. Die botanische Geographie spricht zugleich zum Geiste und zur Einbildungskraft; wie die Geschichte jener antiken Pflanzenwelt, die im Schooße der Erde vergraben liegt, wird sie zum höchst anziehenden Studium. Sind die einzelnen Erscheinungen dargestellt und
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