Editorischer Kommentar

Zur Datierung: Humboldt beginnt seine Aufzeichnungen nach eigener Aussage „am Bord des Pizarro“ am 8. Juni 1799, also drei Tage nachdem er und Aimé Bonpland Europa über den spanischen Hafen La Coruña verlassen hatten. Nach einem Zwischenstopp auf den Kanarischen Inseln ist Cumaná in der Provinz Neu Andalusien (heute Venezuela) Humboldts erste kontinentalamerikanische Station. Nach diversen, von Cumaná ausgehenden Expeditionen entlang der Küste und ins Hinterland verlässt er die Hafenstadt schließlich am 18. November 1799 zur Überfahrt nach Caracas über Nueva Barcelona. Die Exkursion nach Caripe in die Guácharohöhle (4. bis 24. September 1799) ist in diesem Tagebuch nicht enthalten. Dagegen enthält das Tagebuch Messdaten und Naturbeobachtungen aus der Zeit des zweiten Aufenthalts in Cumaná (27. August bis 16. November 1800), wenige auch aus der Zeit in Caracas und der Orinoco-Reise sowie zahlreiche Zusätze aus späteren Reiseetappen und aus den Jahren nach der Reise.

Zur Struktur: Der erste Tagebuchband besteht aus zwei Teilen: Die Blätter 1 bis 76 sind oder waren in dem gebundenen Band enthalten. Die Blätter 77 bis 95 bildeten möglicherweise ursprünglich ein zweites Heft und sind im Rahmen der von Humboldt am Ende seines Lebens vorgenommenen Neubindung der Tagebücher nicht in den gebundenen Band aufgenommen worden. Sie sind diesem aber durch die fortlaufende Paginierung ebenso wie im Rahmen zahlreicher Verweise zugeordnet. Auch der Index général (vgl. ART V, 37r), begonnen im Dezember 1805 kurz nach seiner Rückkehr nach Berlin, rechnet diese Seiten (mindestens bis Bl. 93r) dem ersten Band zu. Auf diesen losen Blättern trug Humboldt die Messergebnisse aus anderen Unterlagen, vor allem dem Feldbuch „Journal astronomique“, zusammen und wertete sie aus; in der Hauptsache die auf dem Titelblatt genannten astronomischen Beobachtungen zur Längenbestimmung von Juni bis Oktober 1799. Nach der Orinoco-Reise hat Humboldt zahlreiche Textabschnitte in die Freiräume des gebundenen Tagebuchs geschrieben, teils von hinten nach vorne und bisweilen früher beschriebene Seiten überspringend. Durch zahlreiche Verweise sind diese zersplitterten "Text-Inseln" miteinander verknüpft. Paginierungssprünge zwischen aufeinander folgenden Blattziffern zeigen Überlieferungslücken an: So fehlen zwischen Bl. 15 und 16: pag. 29–32, zwischen Bl. 49 und 50: pag. 96–103, zwischen Bl. 71 und 72: pag. 147–148, zwischen Bl. 74 und 75: pag. 155–157 und nach Bl. 95: pag. 197. Das Blatt mit den Paginierungsziffern 147–148 wurde in einem anderen Tagebuchkonvolut gefunden und liegt bereits in edierter Form vor; vgl. ART III, Bl. 72r.

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| 7v12

Nachts harrte ich vergeblich auf die südlichen Sterne, diesel-
ben, die unter dem Horizont von Alexandrien sichtbar
sind. Lichte Wolken, gestaltet wie im Norden u je
den Augenblik von Form wechselnd[,] entzogen mir die
Sterne. Ich konnte nur den Mond einmal beobachten
mit dem   Kommentar Carmen Götz
Vgl. in der Instrumentenliste des Reiseberichts (Relation historique): Un sextant à tabatière, snuffbox-sextant, de Troughton (Humboldt 1814–1825, I , 58). Vgl. auch Brand 2015, 115, Bild 10. Vgl. zu den Messungen Bl. 80v bis 83v.

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Troughtonschen Sextanten

40° 23′ — 9 h 31″
giebt lat. 31° 6′ 45″[,] ein Wunder von Genauigkeit[,]
da Meerhorizont ziemlich bezogen war.

Den 15[.] Jun. Morgens zur Längenbestimung

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55° 33′ — 10 h 7′ 47″ giebt long. 1 h 7′ 36″
47′ — 8′ 52″
57′ 20″ 9′ 41″ 7′ 37″
7′ 40″ 10′ 27″ 7′ 33″

Long. 16° 54′ Anmerkung Jabbo Oltmanns (am linken Rand) Mitg 16° 54′ also geringer als gestern u doch waren wir
gegen Westen gesteuert, so groß Wirkung des Meeresstrohms
gegen Osten.Anmerkung des Autors (am linken Rand) es ist der Strohm[,]
der von Florida
nach Guinea sezt!
Pownalls Karte in
Jefferyes Pilot
of the Westindies
.
auch   Kommentar Ulrike Leitner
Erreur dans l’estime de la route. La vue de cet écueil nous avoit avertis d’une grande erreur dans l'estime de notre route; mais je ne voulus l’apprécier qu’après avoir eu connoissance des îles Canaries, dont la position est exactement déterminée. La vue de l’île de Fer me donna avec certitude cette correction que j’attendois. Le 19 à midi j’observai 28 degrés 2 minutes de latitude boréale; & en la faisant cadrer avec le relevement de l’île de Fer, pris à cette même heure, je trouvai une différence de quatre degrés sept minutes, valant par le parallele de 28 degrés 2 minutes environ soixante & douze lieues dont j’étois plus Est que mon estime. Cette erreur est fréquente dans la traversée du cap Finistère aux Canaries, & je l’avois éprouvée en d’autres voyages: les courans, par le travers du détroit de Gibraltar, portant à l’Est avec rapidité. Bougainville 1772, 10–11.

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Bougainv. I[,] p 10.

  Kommentar Ulrike Leitner
Labillardière erwähnte zwar Meeresströmungen, jedoch nicht deren Einfluss auf die Richtungsabweichungen der Schiffe. Vgl. Labillardière 1799–1800, I, 44.

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nicht aber Labill.
Pilote hatte um Mittag 17° 20. lat. 30° 31′ 12″[.]
Ich u sehr genau
12 h 38′ — 82° 32′
Lat. 30° 35′ 55″. Der error ind. geprüft[,] noch ier 7″ zu
groß, also seit 5–6 Monathen nicht geändert. Luft
ganz Wolkenlos[,] Zenith Cyan. 16°. am Meerhorizont 11°.
Seewasser 34°. höhen Nachmittags:

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63° 24′ 5″ 2 h 33′ 37″

ziehe ab 15″
10′ 25″ 34′ 40″
62° 51′ 0″ 36′ 7″
33′ 20″ 37′ 20″
20′ 0″ 38′ 25″

Sonne ging unter

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1 limb. 7 h. 38′ 31″
2 41′ 15″
Anmerkung Jabbo Oltmanns (am rechten Rand) 2′ 44

Der Pilote   Kommentar Carmen Götz
Peilte; von frz. relever: peilen.

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relevirte
den Durchm. beim Untergang. Ich bat ihn[,]
die Ränder zu nehmen. Der eine gab 41°[,] der andere 43°.
Magnetische Kraft: Dieselbe  Pouce: Längenmaß (Frankreich), 12 Pouce entsprechen 32,48 cm12 Zoll lange Nadel[,] welche hori-
zontal à la Coulomb an einem Haar aufgehangen in
Madrid in 1′ genau 8 oscill. machte, gab hier sehr
regelmäßig 7,4. Luft sehr reinCyan innerhalb der Zeile. Bis 11 Uhr ab-
wechselnd  viel Wolken u sehr dikke.  Sonderbar wie schnell
Hiel von der diksten Wolkenhülle in das rein
ste blau überging. Der Wind trieb die Wolken nicht
hinweg, nein sie lösten sich sichtbar auf. Von 12 h
an, Himmel ganz blau u unendlich schön. Mit
bloßen Augen u ohne Anstrengung sah jeder den
Doppelstern Mizar u Alcor. Und das Licht[,] welches die
fast volle Mondscheibe ausgoß! Die Höhe trägt viel

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Zitierhinweis

Humboldt, Alexander von: Voyage d’Espagne aux Canaries et à Cumaná Obs. astron. de Juin à Oct. 1799 [= Tagebücher der Amerikanischen Reise I], hg. v. Carmen Götz und Ulrike Leitner unter Mitarbeit von Sandra Balck, Linda Kirsten, Ulrich Päßler, Eberhard Knobloch, Oliver Schwarz, Laurence Barbasetti und Regina Mikosch. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0016412. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0016412/7v


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