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| 61r19. ein feiner junger Mann, wieß uns zu dem Adjoint des
C. Guys. Ich stellte dem Manne unseren Casus und die
Eile vor, mit der wir expedirt sein wollten. Aber wie
groß war unsere (wenigstens meine) Verwunderung, als der Ad-
joint mit vieler Beredtsamkeit versicherte, daß wir einen
sehr tollen Entschluß gefaßt hätten, daß er Bianchi’s Schiff
genau kenne, daß es nicht allein keineswege(?)s neutral sei,
sondern daß in Tunis selbst die Erbitterung so groß gegen
alle Franken sei, daß er dahin unsere Pässe keinesweges
zu visiren wage. Er war selbst Consul in Tunis ge-
wesen u jezt für Syrien bestimmt. Wenn man schwankt,
wo ohnedies die Lust allein die Vernunft zum Schweigen
gebracht hat,  Unleserliche Stelle [...] bedarf es eines kleinen Umstandes nur, um
die Vernunft in ihre Rechte eintreten zu lassen. Die Beredt
samkeit des Mannes siegte, wir standen innerhalb 10 Min.
von dem Plane[,] nach Tunis zu reisen[,] ab u um nicht
aufs neue zu wanken, ließ ich sogleich die Pässe für
Spanien visiren. Weise, vorsichtig mochte der neue Entschluß
wohl sein — aber kränkend war er nicht minder. Wäre ich allein
gewesen, hätte B. Lust statt Abneigung gezeigt, ich hätte
meinen Plan durchgesezt. Gewagt war er freilich, aber bleibt man
nicht ewig unthätig, wenn man nie etwas wagt? Also
nun nach Spanien, vielleicht noch 6–8 Monathe auf europ. Boden.
.... Ich lief gegen 3 Uhr auf die Börse, um dem Cap. Bianchi zu
sagen, daß ich in 48 St. meine Geschäfte nicht vollenden könne.
Zu meiner größten Kränkung blieb die Speranza noch 5–6 Ta-
ge im Hafen. Ich konnte nie nach der Sternwarte gehen, ohne
daß nicht meine Augen unwillkührlich auf sie gerichtet wa-
ren, ja dem Absegeln nahe, lagerte(?) innerhalb der Zeilelegte sie sich allein
mitten in den Hafen. Ich hätte sie so gern durch andere
Masten verdekt gesehen. Bei kalter Ueberlegung glaubte ich
so u nicht anders handeln zu müssen. Aber dem Pal-
menlande so nahe u zurük in das Innere des Landes
eingeängt …[.] Mein künftiges Schiksal wird entscheiden, ob ich
das bessere gewählt, wenigstens wird meine eigene u fremde
Schwäche dies künftige Schiksal zu deuten wissen. Wir
bemerkten daß 12 St. nachdem Cap. Bianchi auslief sich
ein fürchterlicher Sturm erhob, der fast 8 Tage lang wüthe-
te. Zwischen Cette u Agde sammelte man die Trüm
mern vieler gescheiterter Schiffe. 15[.]–24[.] Frim. (5[.]–14[.] Dez.)[.] Ein
neuer Umstand u sonderbarer Art, machte mir die folgenden Tage
noch trüber. Dem Schmerze empfänglicher, schien mir alles gegen
mich u meine Plane verschworen. Am 15ten auf der Börse
sagte ich dem Kaufmann Ellenberg, auf den mir   Kommentar Humboldt 2000
Bankier Fould, mit dem auch Wilhelm von Humboldt in Paris bekannt war; vgl. Humboldt, W. v. 1916, 431, 566.

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Fuld
in Paris
einen Credit von 40000 gegeben, (ein über der Zeile⎡em geschwäziger aber gut-
müthiger hagerer junger Manne [sic]) daß ich ihn um Wechsel nach

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Zitierhinweis

Humboldt, Alexander von: De Paris à Toulon[,] 1798. [= Tagebuch der Frankreich-Reise], hg. v. David Blankenstein und Christian Thomas unter Mitarbeit von Annika Geiser, Ulrich Päßler und Florian Schnee. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0018407. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0018407/61r


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