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| 58v14. u [sic] indem der Franzose in seinem Laufe unaufhaltsam fort-
geht, mit sich beschäftigt[,] alles um sich her auf sich be-
zieht, findet der Insulaner Ruhepunkte, auf welchen sein
Gemüth empfänglich für fremde Eindrükke wird. Dazu giebt das
Palmenklima den Französ. Weibern das, was ihnen ursprünglich
radical fehlt, Schwermuth und über den ursprünglichen Text geschriebenoder wenigstens größere Erregbarkeit
für die zarteren Empfindungen des Leidens. — Herr Fölsch zeigte sich
durch längeren Umgang auch besser als er war innerhalb der Zeileanfangs schien. Seine
Rauheit ist Folge böser Gesellschaft — u er  Unleserliche Stelle [...] fühlt daß
man in einer anderen Gesellschaft sich anders betragen müsse.
An Verstand fehlt es ihm nicht. Aber Herr Meusnier ist ein
Wunder sonder gleichen; eben so sänft, so fein, so schwer
müthig als seine Frau, die er zärtlich liebt u die troz ih-
rer Corpulenz noch recht hüpsch ist — u dieser Mann war
bis zur Revolution selbst Schifs[-]Capitain! Er führte
selbst Schiffe nach den Amer. Inseln. Ich gewann in dieser
Gesellschaft an einem Abend 14 ₤d’or, B. eben so viel. Aus
S über den ursprünglichen Text geschriebenDezenz verlor ich wieder alles. Nun glaubte ich abbrechen zu
dürfen u lief fleißig aufs Land, das nach solchen Aben-
den neue Reize für mich gewann. Besonders angenehm war
ein Spaziergang nach Alauch in die Gipsbrüche. Die gut-
müthigen Wirtsleute wollten uns (weil es Festtag war) keine
Wurst geben. Unsägliches Blut hat der Partheigeist in diesen
Haufen armseliger Häuser fließen lassen! Und nach alle
dem ist man dahin zurükgekehrt, von wo man ausgegangen.
Man hält es für Totsünde Wurst zu essen. Die Wirthin
sagte die heil. Jungfrau auf dem Berge (la bonne mère
d’Allauch) wolle solchem Gräuel nicht zusehen! Diese
Jungfrau bewohnt die Ruinen eines alten Schlosses, dessen
Gemäuer, Treppen und Thore in der That Größe ver-
kündigen. Wir sahen die Sonne von dort aus sich ins
Meer tauchen. Wir hatten so lange verweilt, daß uns
die Nacht überfiel. Der Weg war zum Halsbrechen, aber
wir sprachen von Gespenstern u so kamen wir froh
u gespannt nach Hause. Unsere Spannung nahm zu, da
uns Sk. mit der Nachricht entgegen kam: er habe von einem
Schwed. innerhalb der ZeileDän. Cap. der en quarant. läge u von Lissabon
kom̅e, erfahren, daß unser bât. march. mit den Geschen-
ken für den Dey auf der Höhe des Tajo von der Fregatte ge-
trennt worden sei und daß es im Hafen v. Lissabon nun schon
14 Tage lang (als in einem zum rendez-vous bestimten
Plaze) auf die Ankunft der Fregatte harre. Diese Nach
richt schien das Zeitungsgerücht, als sei die Fregatte, sam̅t
den Geschenken von den Engländern aufgebracht, zu ent-
kräften. Wenigstens (man kann jede Nachricht deuten wie man
will, u sich nach Gefallen montiren)[,] wenigstens glaubten wir nun

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Zitierhinweis

Humboldt, Alexander von: De Paris à Toulon[,] 1798. [= Tagebuch der Frankreich-Reise], hg. v. David Blankenstein und Christian Thomas unter Mitarbeit von Annika Geiser, Ulrich Päßler und Florian Schnee. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0018407. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0018407/58v


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