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| 59v16. verläßt. Da er immer von dem spricht, was er unter an-
deren Verhältnissen thun würde, so läßt sich vorsehen,
daß er nie mehr leisten wird, als was er bisher gethan,
die Instr. aufzustellen, zu putzen(?) innerhalb der Zeilepuzen, den Mittag u
Bedekk. zu beobachten. Mit Blancpain wird er nicht lange
Freund bleiben, denn kaum kann er seinen Neid gegen über der Zeileüber
ihn zurükhalten. Mich incom̅odirt er durch ewige Besuche,
Morgens am Bette und Besuche, die mit Seufzen über den
polit Zustand der Dinge zugebracht würden. Tausendmal
mußte ich hören, man hasse ihn weil er feineres Tuch als
andere trage und geehrt sei. Bei aller Elendigkeit, Neugierde
und Prellsucht (er wollte mir allen Praß v. Instrumenten
anschmieren) kann man ihm indeß doch guten Ton und eine
gewisse Gewandtheit im Umgang mit Fremden nicht absprech[en].
Diese Leichtigkeit macht ihn auch nicht uninteressant in der Un-
terhaltung über die Personen, mit denen er gelebt, wie
mit dem   Kommentar Humboldt 2000
Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg und seine Gemahlin Maria Amalie Charlotte. Nach Ausweis seines Biographen (Beck 1854) war der Herzog nur einmal in seinem Leben in Frankreich. Vom 28.7. bis 1.9.1786 reiste er in England, danach in Südfrankreich, Italien und in der Schweiz. In der Zeit vom 30.9.1786 bis 23.9.1787 hielt er sich in Südfrankreich, vor allem in Hyères bei Toulon auf, wo seine leidende Gemahlin ihre Gesundheit wiederherstellen sollte. Seine Reisen galten in erster Linie astronomisch-geographischen Ortsbestimmungen, wie er auch selbst Verfasser astronomischer Schriften war. Er wurde von dem mit ihm befreundeten Astronomen Franz Xaver von Zach begleitet, für den er die Sternwarte bei Gotha errichten ließ (Beck 1854, 17, 51f., 80). Ein Herzog von Gotha wird als Auswärtiges Mitglied der Académie des Belles Lettres, Sciences et Arts in Marseille genannt (Baratier 1973, 242).

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H. v. Gotha der ihm einen Ring und eine k(?)nöcherne
Dose schenkte, auch oft für Thulis Geld zu Abend aß,
über Zach, der das Haar der Herzogin in der Schreibtafel trug

u zeigte, über Lalande …. Th. führte mir auch einen Professor
der Marine[,] Duhamel[,] zu der ein angenehmes Aeußeres hatte
u Herrn   Vom Schreiber ausgelassen (1 Wort)        der sich mit Drechseln und Physik beschäftigt u mein
Senkbarometer copiren will. Th. rühmt sich übrigens merk-
würdiger Dinge als „Drechseln zu können, sehr weit zu sehen,
lange zu sprechen, geschikt in Phys. Versuchen zu sein, nie
etwas zu zerbrechen, große Wärme in der Hosentasche zu
haben, viel Knoblauch essen zu können, ohne zu stinken …[“][.]
T. gab uns eine sehr falsche Anweisung ein brennendes Steinkohlen-
flöz bei Valdome u Notre Dame des Anges zu sehen. Er
sagte es sei beides ganz nah bei Allauch. Wir glaubten ei-
nen eben so angenehmen Spaziergang als nach den Gipsbrüchen
zu machen, geriethen aber in klippigte Fußsteige ohne Spur von
Damerde und Vegetation. Nach langem Herumirren wieß uns ein
Ziegenhirte das einzeln liegende Haus eines Landmanns der durch
kleine Mauern eine Insel von Fruchterde zusammenhielt. Der
guthmüthige Mann versicherte uns Valdome sei noch 3 lieues von
der D des anges entfernt u selbst der lezte Berg so weit,
daß wir unmöglich hingehen und nach Marseille vor Nachts
zurückkehren konnten. Diese Nachricht war (da wir außer Liche-
nen
wenige Pflanzen gefunden) eben nicht tröstlich. Die
Gutmüthigkeit des Landmanns, der uns zwang von seinen Feigen
zu essen und seinen herben Wein aus einem Horne zu
trinken, milderte dies alles. Ja die Szene wäre [sic] noch
weit angenehmer für die Rükerinnerung geworden sein,
wenn nicht der Vater u der Knabe, so oft sie den Mund
öfneten, das Zimmer mit wüthigem Knoblauchgestank er-

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Zitierhinweis

Humboldt, Alexander von: De Paris à Toulon[,] 1798. [= Tagebuch der Frankreich-Reise], hg. v. David Blankenstein und Christian Thomas unter Mitarbeit von Annika Geiser, Ulrich Päßler und Florian Schnee. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0018407. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0018407/59v


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