| 19v40 angrenzenden Theilen. Dies glaub ich sind die verwikkelten Ursachen, warum Wasser kälter als Luft erscheint, warum bei gleicher Temperatur feuchte Seeluft imer kühler als die troknere Landluft ist. — —

Salcedos Vater begegnete uns in der Gasse, ein kleiner dikker Mann, seinem Sohne wenig ähnlich. Bei näherer Bekanntschaft bemerkte ich, daß er einen Theil seiner Jugend in Frankreich zugebracht, verständig, von geselliger Kultur, Stille liebend, aber auf seinen Vortheil bedacht und von pedantischer väterlicher Strenge ist. Seinen jüngeren Sohn Francesco schien er minder als den älteren Emanuel, einen zur Verstellung geneigten jungen Menschen, zu lieben, doch gab er sich sichtbar Mühe, beiden Söhnen seine Zuneigung zu verbergen. Die Mutter, welche wir allein zu Hause trafen, ist eine gutmüthige, kluge, das Haus beherrschende Frau. Ihre Beredtsamkeit wurde uns oft lästig. Ihre religiösen Vorurtheile machten einen sonderbaren Contrast mit Francescos Ideen, der übrigens ihr Liebling war. Sie erzählte, daß sie sich unsere Ankunft bei so kriegerischen Zeiten ein gutes Stük Geld habe kosten lassen. Sie lasse nemlich in einem Kloster am Pic seit den 2 Monathen, da sie ihren Sohn erwarte, dem Heiligen Joseph, auf den sie viel halte, da er ihr schon oft aus der Noth geholfen, häufige Messen lesen. Da sie gehört, daß vor wenigen Tagen der Alcudia von den Engländern in Canaria eingeschlossen worden sei, ja daß der Oberst Armiaga gar gefangen genommen worden sei, so habe sie bei zunehmender Gefahr auch dem Heiligen Joseph stärker zugesezt. Noch gestern habe sie frisches Geld ins Kloster geschikt und obgleich dies alles eigentlich für ihren Sohn bestimmt sei, so haben (sezte sie hinzu) wir doch auch sichtbar davon mit profitirt. Nun erzählte sie mit ungestümer Rührung, wie sie der Kanonenschuß unserer Fregatte aus dem Schlafe gewekt, wie man sie lange in marterndem Zweifel gelassen, ob der Alcudia von Canaria oder ein neuer Courier aus Spanien angekommen, wie ihr im Vertrauen auf Ihren Schuzheiligen blizschnell die mögliche Ankunft ihres Sohnes in der Seele geleuchtet, wie ihr Sohn Emanuel vom Altan des Hauses mit dem Fernrohr stets nach unserem Verdek gerichtet war, wie  
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   Kommentar Carmen Götz
Vgl. Bl. 66r.

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pagina 135.
 

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Zitierhinweis

Humboldt, Alexander von: Voyage d’Espagne aux Canaries et à Cumaná Obs. astron. de Juin à Oct. 1799 [= Tagebücher der Amerikanischen Reise I], hg. v. Carmen Götz und Ulrike Leitner unter Mitarbeit von Sandra Balck, Linda Kirsten, Ulrich Päßler, Eberhard Knobloch, Oliver Schwarz, Laurence Barbasetti und Regina Mikosch. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0016412. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0016412/19v


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