Editorischer Kommentar

Der Berliner Zoologe und Botaniker Christian Gottfried Ehrenberg begleitete Alexander von Humboldt gemeinsam mit dem Mineralogen Gustav Rose auf der russisch-sibirischen Reise 1829.

Humboldt, Ehrenberg und Rose führten auf der Reise jeweils eigene Feldbücher. Aus Roses Aufzeichnungen ging seine 1837 und 1842 in zwei Bänden veröffentliche Mineralogisch-geognostische Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere hervor (Rose 1837/1842). Die diesem Werk zugrunde liegenden handschriftlichen Reisenotizen gelten als verloren. Humboldts Reisejournal sowie die umfangreichen Konvolute mit geomagnetischen Messreihen und astronomischen Ortsbestimmungen werden zurzeit im Akademienvorhaben „Alexander von Humboldt auf Reisen – Wissenschaft aus der Bewegung“ für die Veröffentlichung bearbeitet; der erste Band der Russisch-Sibrischen Tagebücher erschien 2020 in der edition humboldt digital (vgl. dazu den Kommentar „Erstmal(s) die Fragmente“ von Tobias Kraft und Florian Schnee).

Christian Gottfried Ehrenbergs Tagebuch der russisch-sibirischen Reise wird im Nachlass Ehrenbergs im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften aufbewahrt. Das Notizbuch mit einem Umfang von 93 Blatt, von dem rund 70 Blatt beidseitig beschrieben sind, liegt nun erstmals ediert vor. Das Tagebuch weist alle Merkmale eines auf der Reise mitgeführten Feldbuches auf. Ehrenberg nahm seine Einträge zum überwiegenden Teil mit Bleistift vor. Er schrieb die meist knapp gehaltenen Tagesnotizen offenbar während Ruhepausen, kurz nach den Ereignissen und Beobachtungen, nieder. Längere Schilderungen gelten Aufenthalten in Städten wie St. Petersburg, Moskau, Nižnij Novgorod, Orenburg und Astrachan sowie der Begegnung mit einem chinesischen Grenzposten in Baty. Das Tagebuch dokumentiert nicht die gesamte Reise. So finden sich nur wenige Angaben über die Reisestationen von Berlin nach St. Petersburg und keine Informationen über die Rückreise von Dorpat aus nach Berlin. Für einige Reiseetappen trug Ehrenberg nur Tag und Ort ein und ließ Freiraum für nachträgliche Einträge, die er dann aber nicht mehr vornahm.

Den weitaus größten Teil des Tagebuchs widmete Ehrenberg botanischen Beobachtungen. Die in den Tageseinträgen aufgeführten Sammelerträge fasste er am Schluss seiner Aufzeichnungen nochmals in Regionalfloren zusammen. Ehrenbergs Interesse an Vegetationsformen, Verbreitungsmustern und -grenzen von Pflanzen weisen bemerkenswerte Parallelen zu Humboldts pflanzengeographischen Forschungsfragen auf.

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5/17 Aug. Montag

Morgens u 5 Uhr Abreise  über der Zeilenach Badi  Versta: Längenmaß (Russland), 60 Versta entsprechen 64,01 km60 Werste ohne zu frühstüken.
Wir erreichen in 1 Stunde den Fluß Narym durch welchen
wir mit den Wagen fahren und der die Grenze der chi-
nesischen Mongoley
und Rußlands macht. Es sind Pferde
 Unleserliche Stelle (1 Wort) [...] zum Abwechseln. Der von Ust Kami-
nagorsk
uns begleitende Cosakenmajor hat 2 Zelte
in Badi aufschlagen lassen. Wir frühstüken auf
der 2 ten Relai[s] Station. Ich ersteige den
Berg dabey und finde mehrere neue Straucharten.
Der Berg zieht sich am Fuße einer Gebirgskette
aus Granit hin welche das linke innerhalb der Zeilerechte Irtisch -
Ufer bildet und höher als das linke ist. Der Irtisch
ist mit Schilf und Calmus (?) dicht eingefaßt. Viel
Hirsesaat. Keine Bäume. Eine Birke[,]
eine Pappel[,] Populus nigra und einige Weiden
büsche in Gneißbach(?)schluchten. Wir machen unsere
Toilette und reisen weiter. Um 11 Uhr erreichen
wir den chinesischen Vorposten Badi den die
Chinesen selbst Honi mala Hu und die Kir-
gisen Koschtubre (Verbindung zweyer Berge)
nennen. Die 2 Zelte sind in einer kleinen Ent-
fernung nördlich von der Wohnung der Chinesen auf-
geschlagen. Wir versammeln uns und gehen nach den
Hütten die ein sehr erbärmliches Ensemble bilden.
Der  über der Zeiledießseitige chinesische Kaldai (Commandant) oder Chona
hat sich mit einigen seiner Soldaten vor sein Zelt auf
gestellt, nimmt bey unser[er] Annäherung die rothe

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Zitierhinweis

Ehrenberg, Christian Gottfried: Tagebuch der russisch-sibirischen Reise 1829, hg. v. Kerstin Aranda, Ulrich Päßler und Christian Thomas unter Mitarbeit von Lisa Poggel. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0016785. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0016785/44v


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