| 1rSie sind zu sehr, mein theurer Rugendas, von meiner Anhänglichkeit zu Ihnen und meiner durch jede Ihrer Arbeiten immer steigenden
Bewunderung Ihres Talents überzeugt, als daß ich durch meinen Rath im
geringsten fürchten könnte misverstanden zu werden. I Zu den folgenden Ratschlägen Humboldts
hinsichlich zu bereisender Regionen sowie lohnenswerter Landschafts- und
Pflanzenmotive Amerikas vgl. auch
sein Schreiben an Karl Friedrich Schinkel, Potsdam, 12. Juli 1830 , das
weitere präzise Hinweise für Rugendas zur Darstellung von Pflanzenformen und
Vegetationsgruppen enthält.
[Schließen]ch freue mich Ihres Entschlusses nach Amerika zu gehen und glaube daß durch Sie nach lebendig aufgefaßten neuen
Typen eine neue Epoche der Landschaftsmahlerei beginnen
wird, aber Ihr Amerika muß nicht
Brasilien, nicht Cumaná, Caracas
oder der Magdalenen Strohm, oder gar die westindischen
Inseln sein; Sie müssen gerade dahin gehen, wo PalmenWelt, baumartige Farrenkräuter, Bambus,
Schneeberge und Vulkane zusammen sind, also die Andeskette selbst von 10° nördlicher bis 15° südlicher Breite, also Quindíu
und
Tolima auf dem Wege von Santa Fé nach Popayán,
oder Quito
oder nach Mexico am Fuß des
Orizaba, doch hat Mexico wegen der leidigen Eichen schon einen zu nördlichen
Charakter. Quito
oder(?) das Obere Pérou, die Abhänge des Chimborazo gegen Guayaquil
| 1vhin, der ganze Weg, der gewöhnliche von Carthagena, Turbaco nach Bogotá, Passo de
Quindíu, Popayán,
Vulcane von Sotará, Puracé, Pasto bis Quito und
Guayaquil ist am erreichbarsten, oder von Peru aus der See von
Titicaca und die von Pentland gemessenen Berge. Hüten Sie sich vor
der gemäßigten Zone, vor Buenos-ayres und Chili
oder vor Schnee- und Vulcan-losen Ländern vom Orinoco und Amazonen
Strohm
oder gar vor den kleinen Inseln. Ein großer Künstler
wie Sie muß das große suchen.
Hüten Sie Sich vor allem, was von diesem Zwekke abführt; Herr
von Arnim ist ein treflicher Mann, der aber dieses Land wenig kennt.
Hier ist nichts anzuknüpfen, vielleicht ein Bild gut zu verkaufen,
besonders wenn Sie es zur Ausstellung schikken, aber nichts durch
persönliche | 2rGegenwart zu gewinnen. Es wird mich eben so
herzlich freuen Sie hier als in Paris
zu sehen, wo ich gewiß Ende dieses Sommers oder
früher sein werde. Da meine Reisen jezt gar nicht von
mirabhängen, so muß keiner Ihrer Plane sich danach
modificiren. Wahrscheinlich verlasse ich Berlin dieses Frühjahr nicht, es sei denn
daß des Kaisers Reise Wohl vielmehr: ins Königreich Polen.
[Schließen]nach Rußland mich veranlaßte Am 21. Mai 1830 reiste Humboldt im Gefolge des
preußischen Kronprinzen Friedrich
Wilhelm nach Warschau und von dort nach Fischbach in Niederschlesien (vgl. Alexander von
Humboldt-Chronologie, edition humboldt digital, https://edition-humboldt.de/H0004715 sowie den folgenden Brief Humboldts, Fischbach, 15. Juni
1830).
[Schließen]nach Warschau zu gehen. Ihr eigentliches Project dächte ich, müßte sein,
zu versuchen, ob nicht in Paris
unmittelbar bei dem Ministerium der
Plan geltend zu machen wäre, daß Sie auf
3–4 Jahre 5–6000 francs jährlich bekämen,
um für den Jardin des Plantes
oder die Académie des Beaux-Arts
eine Samlung von Naturstudien
einzelner Pflanzen-Gruppen nach Familien geordnet, mit der Feder
gezeichnet anzufertigen. Da Sie doch über Paris gehen werden, so werden Sie dort durch
unsere gemeinschaftlichen Freunde,
besonders durch Herrn Gérard
| 2verfahren, wie die Menschen heißen,
bei denen ich unmittelbar wirken könnte, nicht Cuvier, nicht Forbin,
sondern der Minister des Inneren
oder eine mächtige Person unter diesem. Ich werde Ihnen jede Empfehlung schikken, die Sie
wünschen und eine kräftige, in der ich den Nuzen einer solchen Reise
auseinanderseze. Man muß zeigen, daß botanische
Zeichnungen nicht die Natur des Pflanzenwuchses geben, daß etwas zu
thun übrig ist, was nie geschehen ist, daß mit solchen Zwekken auch
andere Nebenzwekke zu vereinigen sind… Hoffentlich hat sich bis dahin
das Ministerium ganz oder theilweise in Frankreich
geändert: aber auch bei diesem würde ich Schritte thun, wenn Sie von
Paris aus (denn früher können Sie
nichts bestimtes erfahren) mir sagen können, wer ich solchen Fällen
mächtig ist. Von dem Jardin des plantes
wird nichts ausgehen, aber man muß sich auf ihn berufen können, wenn er befragt wird. Daß ich
Ihnen auf jeden Fall Empfehlungen nach Amerika gebe, versteht sich von selbst, aber
leider! fast nur an anonyme stets wechselnde
Behörden, denn außer Bolívar
und Lucas Alamán ist keiner meiner
Bekannten mehr am Leben oder im Lande. Rechnen Sie ganz auf meine Theilnahme in
Bewunderung Ihres schönen Talents.
Berlin den 8ten Merz 1830.
Verzeihen Sie die große Eile mit der ich schreibe.
Die Erstellung der Datenbestände der edition humboldt digital ist ein fortlaufender Prozess. Umfang und Genauigkeit der Daten wachsen mit dem Voranschreiten des Vorhabens. Ergänzungen, Berichtigungen und Fehlermeldungen werden dankbar entgegengenommen. Bitte schreiben Sie an edition-humboldt@bbaw.de.
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