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Milum in Dschohár (oder Jowahir der Kurtan) 25. Juni 1855.

Euer Excellenz!

Wir hatten die Ehre zugleich mit diesem Briefe einen etwas ausführlichen   Kommentar Linda Martin
Vgl. Adolph und Robert Schlagintweit an Friedrich Wilhelm IV., Milam, 28. Juni 1855, BSB München, Schlagintweitiana II.1.43, Bl. 80–96.

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Bericht über unsere bisherigen Reisen im Himalayá an Seine Majestät den König
abzusenden; da wir mit Arbeiten und Beobachtungen hier im Himalaya in der That überhäuft sind, so werden Sie gütigst entschuldigen, wenn ich dieses Mal Ihnen nur wenige flüchtige Zeilen sende. Seit dem 20sten Mai haben wir unsere Station in Nainy Tal verlassen, am 1. und 2. Juni kamen wir auf 2 verschiedenen Wegen hier in Milum, dem höchsten Dorfe in diesem Theil Kemaons an. Sie werden aus dem Berichte an den König erfahren, daß es mir gegen Erwarten gelang, aus dem | 100vPindur Thal über die Kette der höchsten Himalaya Picks hinweg direct (Paß circa  Foot: Fuß (Großbritannien), 18.000 Foot entsprechen 5,49 km18000 englische Fuß) nach Milum zu gehen. Von hier aus, und bei der späteren Besteigung eines Gipfels am Ausläufer der Nanda Devi hatten wir einen ausgedehnten Überblick über einen großen Theil der hohen Himalaya Picks, und wir hatten Gelegenheit zu zahlreichen Winkelmessungen, die wir uns besonders für die tibetanischen Berge möglichst vollständig zu erhalten bemühen.

Milum war eine sehr günstige Station für unsere Beobachtungen in den Gebirgen der Umgebung. Wir machten eine sehr schöne Excursion auf den Kam̅ welcher das Firnmeer des großen | 102rMilum Gletschers begrenzt. Bei einem Barometerstande von 380 Millimeter unter dem Drucke der halben Atmosphäre befanden wir uns hier ganz wohl und munter, nachdem wir uns allmählig wieder nach den heißen Ebenen an die kalte dün̅e Bergluft gewöhnt hatten. Wir hatten eine herrliche Aussicht auf die tibetanischen Bergzüge; um uns den Platz noch angenehmer zu machen, entdeckten wir hier, ebenso wie auf unserem Lager am Rata Dak (Barometer 415 Millimeter) zahlreiche silurische Versteinerungen von schöner Erhaltung, die hier mit Nordfallen auf den crystallinischen Schiefern ruhen.

In 2 bis 3 Tagen  Der Versuch einer geheimen Einreise von Adolph und Robert Schlagintweit in das von China kontrollierte Gebiet blieb erfolglos. Vgl. Brescius 2015, 66.

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gehen mein Bruder und ich ganz als   Kommentar Linda Martin
Bezeichnung für eine in Sikkim lebende Bevölkerungsgruppe.

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Bhutiaś
verkleidet (durchaus in weißer Wolle) nach Tibbet
; | 102v wenn es einigermassen möglich ist, zum Mansarauer See und von da über den Mana Pass nach Badrinath. Unsere Instrumente sind alle in bester Ordnung; wir nehmen 3 Barometer, 1 guten Theodoliten, Pistorschen Patentkreis und einige andere der nöthigsten Instrumente mit nach Tibbet. Mein Bruder Robert, der sich Ihnen vielmal empfiehlt, und ich selbst, sind fortwährend sehr wohl; den tropischen Regen sind wir bis jetzt mit kleinen Ausnahmen entgangen, bald werden wir gänzlich außer ihrem Bereiche sein. Mein Bruder Herman̅, der in Sikkim ist, hat viel Regen; er versucht auf den Kam̅, der Sikkim und Nepaul tren̅t, so weit als möglich vorzudringen; er befand sich vor 3 Wochen auf dem Phoellut Gipfel.

Genehmigen Euer Exzellenz den Ausdruck meiner aufrichtigsten dankbarsten Verehrung Ihr ganz ergebenster Ad Schlagintweit

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4. Juli 1855.

Post Scriptum Durch ganz ungewöhnlichen Regen, der mehrere Tage fast ununterbrochen anhielt, wurden wir bis jetzt zurückgehalten, und gehen erst morgen ab. Jetzt haben wir schönes klares Wetter, und die Bergwiesen haben nach dem Regen eine herrliche frische grüne Farbe angenom̅en. Darf ich Euer Excellenz ersuchen bei Seiner Majestät gütigst das unpassende Couvert und die schlechte Schrift mit der Bemerkung zu entschuldigen, daß der Bericht in Milum bei circa  Foot: Fuß (Großbritannien), 11.400 Foot entsprechen 3,47 km11400 Englischen Fuß auf einem aus aufgeschichteten Steinplatten construierten Tische, in einem indischen Hause | 101vgeschrieben wurde, in welchem der Regen beständig durch das dünne Dach herein träufelte.   Kommentar Linda Martin
Die angeregte Veröffentlichung des Briefes an Friedrich Wilhelm IV. gelang nicht. Der vorliegende Brief hingegen wurde in der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde publiziert. Vgl. Schlagintweit, A./Schlagintweit, R. 1856a, 314–316.

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Könnten Sie gütigst vermitteln, daß der kleine Bericht irgendwie publicirt würde, vielleicht in der geographischen Gesellschaft?
Ich fürchte sehr, daß 2 Glasphotographien, die wir gleichzeitig abgesandt haben, unterwegs Schaden nehmen können; irgendein Berliner Photograph zum Beispiel Halfter würde leicht im Stande sein, die Platten in Ordnung zu bringen.

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Zitierhinweis

Adolph Schlagintweit an Alexander von Humboldt. Milum in Dschohár, 25. Juni 1855, hg. v. Moritz von Brescius, Linda Martin und Ulrich Päßler unter Mitarbeit von Dominik Erdmann. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0019127


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