Berlin am Weyhnachtheilig Abend 1849.
Innig verehrter Herr BaronHerzliche Wünsche zum gesund erlebten Weyhnachtsfeste mögen diesen Brief einleiten
und von Ihnen freundlich empfangen seyn, Sie auch wirklich in bester Gesundheit
antreffen. Von Doktor
Buschmann hörte ich, daß es Ihnen vor wenig Tagen
ja körperlich wohl erging. Demnächst melde ich Ihnen, daß ich das durch Doktor
Buschmann Vermittlung vor einiger Zeit aus Ihrer
Bibliothek entliehene Kützing’sche Infusorien
Buch heut wieder in Ihrer Wohnung habe abgeben lassen. || Der beiliegende an mich
gerichtete Brief des Doktor
Cohn in Breslau, einen offenbar
philologisch gut ausgebildeten Botaniker, welcher darauf aufmerksam macht, daß die
Bluterscheinung auf Bohnenbrei bei Lucian als
einer der alt pythagoräischen Gründe gegen den Genuß der Hülsenfrüchte vorkomme,
sende ich Ihnen des wissenschaftlichen Interesses halber zu. Bisher habe ich an
meinen Nachfolgern im Studium nur Aerger gehabt, endlich werden doch auch verständig
ausgebildete jüngere Kräfte sich des kleinen Lebens mit etwas Begeisterung annehmen,
nicht bloß neue Species suchen. Um gelegentliche gütige Rücksendung bittend. In
der vorlezten Classensitzung der Akademie, im November, habe ich eine erste Reihe von
51 mikroskopischen Organismen vorgelegt, welche nach meinen || Untersuchungen in dem
berner Oberlande, wo ich 4 Gletscher bestieg, das in diesen Eismassen, auf und unter
denselben vorhandene thätige kleine Leben begründen. Diese Untersuchungen, da sie ein der Mühe werthes Resultat
ergaben, haben mich wieder über eine schwere Zeit meines Lebens weggehoben. Die schon
gedruckte Mittheilung werde ich Ihnen bald ausführlicher übersenden können. Auch
theilte ich der Akademie mit, daß der Meteorstein von 1438, welcher als der berühmte
Luzerner Drachenstein bekannt ist (praeferendus sane omnibus omnium umscorum curiosis
est Lucernensis Draconita sagt Scheuchzer Scheuchzer
1708
[Schließen]Itenera alpina III page 367) nicht wie Chladni schreibt ein
künstlich gerundeter Thonstein, sondern ein natürlich kugelrunder Kiesel-Morpholith
ist, den ich in der Familie Meyer von
Schauensee nach einigem Suchen in Luzern wieder aufgefunden habe samt
den alten ihn beglaubigenden Gerichts Urkunden. Alle Zweyfel über den meteorischen ||
Ursprung lassen sich nicht beseitigen, besonders da Chladni Feuerstein nimmermehr für meteorisch gehalten hätte, unmöglich
ist es aber nicht, daß, wie dieser so berühmte und beglaubigte Meteorstein, sich
viele morpholithische Feuerstein Kugeln aus der Atmosphäre herabgesenkt haben. Die
meisten mögen zerplazt seyn und dann für gemeine Feuerstein-Fragmente bisher gehalten
worden seyn. Ich habe darauf hingewiesen wie die Bätilien ? der
alten Arzneykunde in Syrien ausdrücklich kugelrunde nicht pyramidale Steine gewesen,
so daß sogar die Kugel des Äsculaps
offenbar wohl der heilkräftige vom Himmel stammende Meteorstein gewesen. Auffallend
stimmt auch der geographische Hauptsitz des Bätilien ? Cultus
mit der größten normalen Verbreitung der Blutregen überein,
was gewiß nicht allein auf den geistigen Culturzustand der Menschen in jenen Gegenden
hinauslaufen kann. Mit dem großen Werke rücke ich langsam aber doch immer
zum Moos vor. Ungemüthlichkeiten und Kopfweh sind oft
störend. Ich corrigire jetzt den 8ten Bogen und habe Süd-Pol, Australien und die
Hauptländer Massen von West-Asien im Druck beendet. Das Brief bricht hier
ab.
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