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Mittwoch den 27 November 1839.

Ich habe, mein innigst verehrter Herr Baron, die Moya noch einige male besehen und theile Ihnen nur mit, daß ich mich, so weit es aus solchen Trümmern angeht, überzeugt habe, daß fast alle die Hauptmasse der Kohle bildenden Fragmente zerstörten Gräsern angehören. Ich habe nemlich noch solche Fragmente gefunden, welche deutliche lange Spaltöffnungen führen und da die langen Spaltöffnungen der Gramineen fast characteristisch genannt werden können, auch die wellenförmigen Zellwände aus den Stengeln und Blättern der Gräser mir sonst nicht bekannt sind, in diesen Fragmenten aber die Schlangenlinien deutlich bilden so würde ich es gerechtfertigt glauben | 1vdiese Fragmente als überwiegend aus Gräsern gebildet zu bezeichnen. Vielleicht haben Sie auch Eindrücke am Orte selbst aufgenommen, welche hierbey weiter leitend sind. Ich habe mir aus Waitzenstroh so ähnliche Präparate gemacht, daß mir die Ähnlichkeit sehr imponirt. Daß viele Fragmente auch der amerikanischen Gräser (wie Bambusa und andere) eine Epidermis von Kieselerde haben mag wohl der Fall in natura seyn. Ich besitze ein solches ausländisches Grasblatt, welches mir Robert Brown einmal gab, das unverbrennlich ist wie Equisetum. Ich weiß aber nicht ob es aus Amerika stammt, auch habe ich keinen Namen dafür von ihm erhalten.

Was die animalischen Theile anlangt, so bleiben sie mir systematisch unklar obwohl ich sie noch immer dafür erkenne.

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Die 2 runden und die 3 eckigen rauhen Körperchen mögen Panzermonaden der Gattungen Trachelomonas? und (das leztere) Chaetotyphla der Familie der Kranzthierchen Peridinaea genannt werden können.Anmerkung des Autors (am linken Rand) Die zweyfelhafte Chaetotyphla gleicht überraschend dem weichen Samen von Anthoceros laevis, dem Lebermoose. ( Chaetotyphla würde zur Familie der Kranzthierchen (Peridinaea) Chaetomonas zur Familie der Panzermonaden (Cryptomonades) gehören, Navicula oder Fragilaria zur Familie der Bacillarien.) Die Navicula ist mir nicht deutlich wieder vorgekommen, die 2 runden und glatten Formen (Trachelomonas?) sind aber häufig. Daß es Pflanzensamen sehr kleiner Pflanzen sind ist deshalb unwahrscheinlich, weil sie eine Kieselschale haben und also durch Glühen und Säuren nicht zerstört werden.

Von Klaproths Analyse würde sich, scheint es, Alaunerde 11 ½ Gran plus Kalkerde 6 ¼ Eisenoxyd 6 ½ Natrum 2 ½ Kieselerde (46 ½) 23 ¼ als Hälfte = 50 Gran auf die Bestandtheile der verschiedenen Formen des Feldspaths in der Porphyrmasse rechnen lassen, während die andere Hälfte der Kieselerde, Kohle, brandiges Öl, Ammonium und die Gase dem Organischen angehören. Vielleicht gehört aber auch vom Eisen etwas und von der Kieselerde | 2vnoch mehr dem Organischen an und jedenfalls scheint dem Volumen nach das Organische deshalb sehr überwiegend, weil die Substanz, in welcher der blasige Bimstein nur selten ist, so leicht ist.

Um das specifische Gewicht der größeren Moya Kugel zu nehmen habe ich Herrn Rose angegangen, allein er fürchtet, daß sie im Wasser zerfällt und ohne Wasser kein brauchbares Resultat giebt.

Wünschen Sie daß ich die Fragmente mit Spaltöffnungen die ich aufbewahrt habe noch zu den übrigen hinzuziehe so kann ich das leicht.

In herzlicher Verehrung Ihr Ehrenberg

Ich habe

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Zitierhinweis

Christian Gottfried Ehrenberg an Alexander von Humboldt. [Berlin], 27. November 1839, hg. v. Anette Wendt unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch und Linda Kirsten. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0016529


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