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Luftorganismen im August 1848.
zu Berlin.
Übersicht der Resultate.
1.) In sämmtlichen 15.
Beobachtungs-
reihen des entschieden
meteorisch ge-
hobenen Staubes um Berlin sind 109.
unsichtbar kleine Formen
specifisch be-
stimmbar gefunden worden:
Unleserliche Stelle (13 Zeilen)
[...]
| 1v41
Unleserliche Stelle (10 Zeilen)
[...] Anmerkung des Autors
(am unteren Rand)
1.) durch polarisirtes Licht als doppelt-
brechend
erkannt.
2.) Von diesen Formen sind 36. im Jahre
1838. und zwar 29. ganz gleichartig
wie 1848. im Luftstaube zu Berlin
gewesen, so daß die Mischung in
bei weitem der Mehrzahl der For-
men in 10 Jahren sich gleich geblieben.
3.) Im Passatstaube und Scirocco Staube
wurden bis August 1849 (
Ehrenberg 1848c
[Schließen]s.
d Monatsbe-
richt d.
Akad.) 141 Arten beobachtet.
Unter diesen sind 42. gleichnamige
| 2r42Arten, so daß die meteorischen Orga-
nismen nun auf 207 Arten gestiegen
sind. Allein es sind
seit August
1847. bereits soviel Luftstauborganis-
men wieder beobachtet worden, daß
die Zahl der nun direct
bekannten
Arten zumal mit den Baumformen
von Venezuela 200. weit
überreicht.
4.) Nach den Örtlichkeiten der Ablage-
rung ergiebt sich folgende Übersicht[.]
Unleserliche Stelle (12 Zeilen)
[...]
| 2v43 Unleserliche Stelle (11 Zeilen)
[...]
5.) Unter diesen Bestandtheilen des meteo-
risch
gehobenen Staubes sind einige wel-
che in keiner
Untersuchungsreihe stehen,
andere sind nur öfter, noch andere nur
in
einzelnen vorhanden.
Am wichtigsten für die Atmos-
phäre sind offenbar
die stets vorhan-
denen. In allen Reihen ohne
Ausnahme
sind beobachtet 3.:
- Eunotia amphioxys
- Unförmliche organische Theilchen
| 3r44(weich verkohlbar) - Unförmliche Quarztheilchen (hart
nicht verkohlbar).
In 2/3. der Beobachtungsreihen sind gleich-
artig 10:
- Arcella vulgaris
- Eunotia amphioxys
- Lithodontium furcatum
- — c Anmerkung von unbekannter Hand (über der Zeile) r ostratum
- Lithostylium rude
- Spongolithis acicularis
- Pollen Pini laeve
- Pilus plantae ornitho c Anmerkung von unbekannter Hand (über der Zeile) r hamphus
- Unförmliche organische Theilchen
- Unförmliche Quarztheilchen.
6.) Die Hauptmasse der sämmtlichen For-
men sind
Süßwasser- und Land-Ge-
bilde, doch sind folgende
5 Seeformen
dabey
Unleserliche Stelle (2 Zeilen)
[...]
| 3v45 Unleserliche Stelle (3 Zeilen)
[...]
Die beyden ersteren sind die gewöhn-
lichsten massenhaftesten Kreidethierchen
und sind nur im Staube der Häuser
beobachtet, daher könnten sie von den
geweißten Wänden der Häuser stam-
men, die 3. Meer-Spongolithen lassen
sich
so nicht erklären.
7.) Entschieden fremdländische Formen sind
nicht darunter, alle sind schon
bekannt,
europäisch oder den europäischen Ty-
pus habende Formen.
8.) Als lebensfähig und wirklich lebend
haben sich folgende 22 Formen
erkennen lassen:
Unleserliche Stelle (3 Zeilen)
[...] | 4r46 Unleserliche Stelle (17 Zeilen)
[...]
alle übrigen organischen Formen sind
entweder als leere Schaalen oder als
fragmentische wenn auch leicht er-
kennbare
Theile von Organismen
vorgekommen. Eunotia amphioxys
| 4v47und Pinnularia borealis sind oft
in
Selbsttheilung (Fortpflanzung) da-
rinn
beobachtet.
9.) In einem hohen Grade merkwür-
dig erscheint,
daß die beyden Formen
Eunotia amphioxys und
Pinnularia borealis
welche unter 63. kieselschaligen Polygastron [sic]
1847. allein im Sciroccostaube als le-
bensfähig (mit wohl erhaltenen wei-
chen
Organen versehen) genannt
wurden, auch in den Berliner
Staubarten die vorherrschenden,
zum Theil nie fehlenden sind, zu-
mal sie von mir nachträglich
neuerlich
auch im ächten atlanti-
schen Passatstaube mit
grünen
Ovarien aufgefunden worden
sind. Dieselben 2. Formen sind
auch
allein als innländisch lebens-
fähig im Winter
Meteorstaube
| 5r48vom 31. Januar d.
J. bezeichnet
worden und beyde kommen in
den Gewässern Berlins nur selten
und einzeln vor. (Vergl.
Ehrenberg 1846
[Schließen]Monats-
bericht der Akad. 1846. p. 326.
Ehrenberg 1847
[Schließen]1847.
328.
Ehrenberg 1848d
[Schließen]1848 p. 116).
Hat es daher wohl oft periodische
unbemerkbare Meteorstaubfälle in
Berlin gegeben, welche dem Passat-
staube sich anschließen?
Warum finden sich von nahe
400 kieselschalige Polygastron [sic]-Arten,
welche bei Berlin leben,
gerade nur
2 und die beyden Passatstaub-Thier-
chen (vom Staube des atlantischen
Oceans) lebend im Luftstaube
und
auffallend zahlreich, während sie
am Boden selten sind?
10.) Da diese beyden Formen nebst
der amerikanischen Synedra Ento-
mon
auch die alleinigen lebens-
| 5v49fähigen Arten im lezten schlesischen
Meteorstaube vom
31. Januar d.
J.
gewesen sind, so entsteht die Fra-
ge, hat
der Sturm an jenem Tage
von den gefrornen Dächern und
Bäumen jene
nachweislichen 100000
Centner gleichförmiger abgelegter
Masse
zusammengeweht, oder hat er
sie aus der oberen Atmosphäre
herabgebracht und
haben ähnliche
mehr oder weniger bemerkbare
Staubfälle seit den lezten 10
Jah-
ren nun nachweislich jene Gleich-
artigkeit des Oberflächen Staubes
hervorgebracht? Das erstere er-
scheint fast
wahrscheinlicher.
11.) Vallisneri beobachtete 1689 einen
rothen Staubregen in und bei
Venedig, welcher beym Genusse der
nicht wohl davon gereinigten Ge-
müse
Durchfall und Übelkeiten
| 6r50verursachte. Er
hielt es für rothe
vulkanische Asche des Vesuvs. (Vergl.
Ehrenberg 1847
[Schließen]Monatsbericht d.
Akad. 1847. p. 347.) Es
ist ebenso und mehr wahrscheinlich, daß
dieser rothe Staub
Scirocco Staub ge-
wesen und mithin in seiner
Mi-
schung dem von mir analysirten in
eben jener Gegend 1803. und 1813. ge-
fallenen berühmten Meteorstaube gleich
war. (
Ehrenberg 1847
[Schließen]Monatsber.
d.
Akad. 1847 p. 324.)
12.) Wenn es periodisch giftige Eigen-
schaften
des Luftstaubes giebt, wel-
che dazu disponirten
Personen ge-
fährlich werden und wenn die Luft
nachweislich mit mehreren Hunder-
ten
erkennbarer organische und
unorganische unsichtbar kleine For-
men so erfüllt ist, daß zuweilen
an einem
einzigen Tage 100000
Centner an Masse herabfallen kön-
nen, so fragt man wohl, welche
| 6v51dieser Formen sind unverdächtig und
welche sind etwa verdächtig,
zumal
im August 1848. zu Berlin.
Die 109. beobachteten Formen zerfallen in
Unleserliche Stelle (7 Zeilen)
[...]
Das Unorganische unberücksichtigt
lassend, 1) Anmerkung des Autors
(am unteren Rand)
1.) Die unorganischen Theile des Luftstaubes betragen nach Herrn
Gibbs (s.
d. Monatsbericht d.
Akad. 1846. p. 205) im Passat-
staube von 1838.
81 ½ p.
C. an Gewicht, im schlesischen
Meteorstaube
vom 31 Januar 1848. nach Dr.
Wedl 80. bis 85. p.
C. (s.
Monatsber.
d.
Akad. 1848.
p. 110.).
Bei der ersteren Analyse sind alle or-
ganischen Kieseltheile Kalktheile und Ei-
sentheile mit den unorganischen ver-
bunden, bey der zweyten Analyse sind
zwar die Polygastron [sic] -Schalen abgezo-
gen aber die
nicht zahlreicheren Phyto-
litharien
unerkannt und unberücksichtigt
geblieben, während das was Humus ge-
nannt wird (10.–15. p.
C. ) offenbar mit
zum Organischen gehören mag.
Mikroskopisch abgeschäzt erscheint mir das
Verhältniß
der Mischung im Passatstau-
be richtiger
folgendes:
Unleserliche Stelle (8 Zeilen)
[...]
Das übrige würde bleiben wie von Herrn
Gibbs angegeben.
Im Meteorstaube vom 31. Januar
d.
J. würde ich die Verhältnisse wie folgt
abschätzen:
Unleserliche Stelle (4 Zeilen)
[...]
Fortsetzung
der Noten auf folgenden Seiten.
Unleserliche Stelle (2 Zeilen)
[...] Außerdem mögen 10–15 p.
C. Thonerde
durch Glimmerblättchen und ähnliche
unorganische
Dinge ermittelt da-
rinnen seyn, andre
10–15 p.
C.
theilen sich in Kalkerde, Kali, Na-
tron und geringfügige andere
Dinge, während 10–20 p.
C. koh-
lenstoffige organische
Theile sind.
da man das Organische
mehr zu beschuldigen pflegt, er-
giebt sich folgendes Verhältniß.
Die 56. Kieselschaligen Orga-
nismen
(polygastrischen Infusorien
und Pflanzen Kieseltheile), welche
mit dem
Quarzsande 37–50 p.
C.
| 7r52des Gewichts des Luftstaubes aus-
machen sind als
Bergmehl
sehr häu-
fig gegessen worden und zwar in der
Mehrzahl auch in denselben Arten.
An der Grenze Lapplands ißt man
sie noch jezt zu Hunderten. von
Mengen
voll jährlich. Diese Dinge
| 7v53sind nicht das
Giftige.
Von kalkschaligen Thierchen sind die
| 8r54gewöhnlichen Kreidethierchen sammt den in
jedem Theewasser
vorkommenden an-
deren kohlensauern
Kalk-Theilchen of-
fenbar unschädlich.
Die
26. Pflanzentheilchen des Luft-
staubes welche
etwa 20 p.
C. Kohle liefern
zeigen sich nicht wesentlich anders im
August 1848.
als sie im April 1838. waren
und geben ebenfalls kein Anhalten für
eine
jetzt giftige Beschaffenheit der Luft.
Es bleiben die weichen gallertartigen
und häutigen thierischen Theilchen übrig,
deren 21 Formen unterschieden sind und
die etwa 1 p.
C. der Masse bilden mö-
gen. Dieselben
Haupt-Formen sind
1834. und 1838. im Dachrinnensande
vorhanden gewesen. –
Sonderbar ist
das Verhältniß der milbenartigen
lebenden Tardigraden
(Xenomorphiden)
doch sind sie mit frisch fallendem Stau-
be noch nicht beobachtet worden.
Der hiermit der Akademie überge-
| 8v55bene erste Maßstab des unsichtbar klei-
nen Lebens in der Atmosphäre hat zwar
schon Vieles aber
etwas Ungewöhnliches
im August 1848. noch nicht erkennen lassen.
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