| 4vallen Menschenklassen genau verbunden gelebt, ich bin der Spanischen Sprache jezt fast wie meiner Muttersprache mächtig – und in dieser genauen Kentniß kann ich versichern, daß diese Nazion troz des Staats- und Pfaffenzwanges mit Riesenschritten ihrer Bildung entgegengeht, daß ein großer Charakter sich in ihr entwikkelt …

Ob Du von so vielen Dir geschriebenen Briefen denn keinen erhalten? Ich wiederhole deshalb, da Dich aus alter Jugendfreundschaft meine Abendtheuer so genau interessiren, die Hauptepochen meiner Reise. Am 5. Junius 1799. segelten wir von Coruña ab auf Fregatte Pizarro nach den Canarien, wo wir den Pic de Teyde bis in den Crater bestiegen. Seit 12 Jahren war niemand dort gewesen. Mister Johnstone ein Kaufmann aus Madeira war der lezte vor uns. Am 16. Julius im Hafen von Cumaná. Bis November dort und in dem Gebirge Tumiriquiri, unter den Indios Chaymas, am Guarapiche und Costa de Paria. Am 18. November zur See nach La Guayara und Caraccas. Dort in umliegende Gegend, die Silla besteigend, 2 Monath. Dann durch Valles de Aragua, die Cacao Pflanzungen am Romantischen See von Valencia (wo wir einen Baum entdekten, dessen Milch die Indianer wie Kuhmilch genießen, sie ist sehr nährend und giebt sauren Käse!) nach Portocabello dann südlich durch das große Llano (eine Wüste voll Gymnotus electricus in Sümpfen und wilde Pferde zu  Reichstaler: Preuß. Währungseinheit1 Reichsthaler das Stük) in die Provinz Varinas an der Grenze von Santa bis Río Apure in 7° Latitudo. Auf diesem Fluß östlich in den Orinoco bis Cabruta dann diesen südlich aufwärts bis jenseits der fürchterlichen Cataracte de Maypure und Atures, an die Mündung des von Quito kommenden Guaviare in 3° Latitudo. Dann den Orinoco verlassend auf den kleinen Flüssen Atabapo, Tuamini und Temi gegen Südost ein 150 Meilen von Quito bis an den wegen Schlangen berüchtigten monte de Pimichin. Durch diesen Wald trugen die Indianer 3 Tage lang die Piragua bis an den Río Negro, diesen hinab südöstlich bis San Carlos, einer von 8 Mann bewachten Grenzfestung gegen den Bresil (Gegenüber besizen die Portugiesen San José de Maravitanos, sie hinderten mich mit den Instrumenten weiter vor bis an den nahen Amazonenfluß zu dringen). Dann durch den Casiquiare nördlich an den Quellen des Orinoco, diesen aufwärts bis jenseits dem Vulkan Duida im Dorado in Wäldern von Cacao, Caryocar, einem neuen genus Juvia (Mandelbaum mit  Preußisches Zoll: Längenmaß (Preußen), 14 Preußisches Zoll entsprechen 36,62 cm14 zoll breiten Früchten) … dann den ganzen Orinoco abwärts bis an die Mündung eine Reise von  Preußische Meile: Längenmaß (Preußen), 1.200 Preußische Meile entsprechen 9.038,99 km1200 Meilen auf den Flüssen von der Mündung des Orinoco durch das Llano de Curacatiche nach Barcellona, um endlich am 1. September 1800 in Cumaná zurük im Hause unseres Freundes Don Vicente Emperan (Gouverneurs dieser Provinz.) Bis 24. November ordneten wir unsere Samlungen und machten Excursionen ins Gebirge Chuparuparu, dann mit vieler Gefahr und schreklichem Sturm von Nueva Barcellona nach Havana, wo wir 19. December 1800 ankamen und wo ich die ersten Briefe aus Europa seit 18 Monathen las, mit Freuden las, denn alle Nachrichten waren fröhlich. So viel damit Du und unsere Freunde (Du theilst wohl Herrn Kunth oder meinem Bruder Wilhelm falls er in Berlin ist, diesen Brief mit) den Faden meiner Reise nicht verlieren.

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Zitierhinweis

Alexander von Humboldt an Karl Ludwig Willdenow. Havanna, 21. Februar 1801, hg. v. Ulrich Päßler unter Mitarbeit von Klaus Gerlach und Ingo Schwarz. In: edition humboldt digital, hg. v. Ottmar Ette. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. Version 9 vom 04.07.2023. URL: https://edition-humboldt.de/v9/H0001181. Folio: https://edition-humboldt.de/v9/H0001181/4v


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