| 1r
Statt Ihnen, mein theurer Freund, innigst
fur Ihren Glükwunsch und den Ihrer liebens-
würdigen und so verstandigen
Gattin zu danken
bin ich in der
Lage[,] Sie mit neuen Bitten
zu belastigen. Seit einem Monate habe
ich bei Gelegenheit der recht elenden,
gehalt-
und geschmaklosen
Schleiden 1848.
[Schließen]Pflanze sehr viel
botanisches gelesen, und Sie selbst,
Kunth 1847.
[Schließen]Ihr
neues so uberaus mich physiologisch
befriedigendes Werk
täglich in der Hand
gehabt. Meine Bitten sind
diese:
-
1) Ich will, um meinen kleinen jezt ganz
umgearbeiteten Humboldt 1849, II, 3–248.
[Schließen]Aufsaz „über die Physio-
gnomik der Gewachse“ auf seine eigentlichen
Schranken zurukzuführen und um zu
beweisen, dass ich diese Schranken und
das Unbestimmte über der Zeilein de s über den ursprünglichen Text geschriebenr Gegenst innerhalb der ZeileAnsicht innerhalb der Zeileselbst
kennen [sic] auf den Umstand aufmerksam
machen dass wundersam genug bis auf
Ausnahme weniger nat. Familien die
Form der appendicularen Organe eine
grosse Unabhängigkeit von den, den bot.
Familiencharakter bestimmenden Blüthen-
theilen darbieten. Die Physiognomik be
schaftigt sich mit den Vegetationsorganen
die zur Erhaltung des Individuums nothig
sind, die rationelle u classificirende
Botanik mit den Fortpflanzungsorganen
die zur Erhaltung der Art erf innerhalb der Zeilegehören [.]
Ich bediene mich Ihrer treflichen An
deutung Kunth schreibt in seinem Lehrbuch der Botanik: Sowohl den Gattungen als Familien liegt in der Natur ein gewisser Typus zum Grunde, welcher sie auszeichnet, und nicht selten selbst dem Nichtbotaniker bemerkbar macht, demungeachtet ist ihre Begrenzung, wegen der zahlreichen Uebergänge, oft überaus schwierig, und entzieht sich der gewünschten Genauigkeit. Dabei unterliegt die weitere oder engere Auffassung derselben meist grosser Willkühr, und ist, wie bei den Arten, persönlichen Ansichten unterworfen, so dass nicht selten Botaniker für Gattungen und Familien erklären, was andere für blosse Abtheilungen derselben halten. (Kunth 1847, 511); vgl. Humboldt 1849, II, 245.
[Schließen]S 510. In diesem Sinne des
scheinbaren Contrastes zwischen den
am linken Randappend. Vegetationsorganen und den Bluthentheilen
bitte ich Sie nun mir noch 3–4 Bei-
spiele[,] recht schlagende[,] zu geben. -
2) Ich wollte anfuhren:
- a) dass Phys. und Aehnlichkeit der
Inflor. sich nur bei wenigen
Familien finden u zwar bei Gräsern
Cyperaceen (nicht Juncaceen), bei
Palmen, Coniferen, Umbellaten und den
meisten Leguminösen.
| 1v
- b) dass in denselben genus z
B
Weinmannia
folia simplicia und pinnata selbst
rachi alata vorkommen. Haben Sie andere Beispiele? Man
darf wohl nicht sagen dass es
Legum. giebt die keine solche composita
(pinnata) giebt [sic] denn die neuholl.
Acacien haben ja gar keine Blätter
sondern blosse phyllodien. Giebt es Rosaceen mit einfachen, nicht
gefiederten Blättern? Darf man sagen dass die meisten folia
composita (pinnata) sich finden in Jussieu’s
Dicotyledones polypetales: Legumin.[,] Meliacees[,]
Cedreleen, Aurant.[,] Sapindaceen, Rosaceen. In allen Monocot. kein fol. compositum, aber
Dioscorea?
- a) dass Phys. und Aehnlichkeit der
-
3) Siehe Lamarck/Candolle 1805–1815, III, 673 sowie unter anderem Ramond 1789, 335.
[Schließen]De Candolle u Ramond geben die Hohe
des Rhododendron der Pyreneen an. Ich
wunschte zu wissen welche Spec.
dort ist, wohl nicht Rhod. ferrug.
und R. hirsutum, wohl ein eigenes? -
4) Ich wurde gern wegen der sehr südli
chen Lage die Namen der Areca
Palme wissen die schon Banks in
Neu Zeeland gefunden. (Meine kleine
distributio p 36 Corypha australis
Brown ist wohl bloss aus Neu
Holland. -
5) Was ist[,] das den Pandanus Arten ein
so mehr ausgezeichnetes Spiral-Ansehen
giebt. In Ihrem Lehrbuche S. 239 innerhalb der Zeile225
des Pand: nur wie zufallig. Es ist also
wohl nur der Abstand der Wirtel
der so auffalt?
Fur den
Zuccarini 1843.
[Schließen]Zuccarini danke ich sehr[.]
Er ist alter als Möglicherweise Endlicher/Unger 1843.
[Schließen]Endlicher
und fur
die Coniferen der sudl.
Hemisphare
ziemlich falsch[.] Wunderbar
wie
er p 758 an der Pinus Cembra
in Sibirien, die auf allen Tischen
gegessen wird, zweifeln kann[.]
Ich
habe mir von der Bibl.
die
Munchner
Abh. kommen lassen[.] Die
Abhandl. steht
Munchner
Abh. der mathem
[-]
physik Klasse 1837–1843
T III S. 753[.]
Dieses Schreiben der Cousine Kunths Caroline Kunth-Valesi konnte bislang nicht
nachgewiesen werden. Die im vorliegenden Brief angedeutete Eheschließung
mit dem flüchtigen 1848er Revolutionär Gustav
Rasch scheint nicht zustande gekommen sein: Humboldt
vermittelte Kunth-Valesi noch 1849
ein Engagement in Sankt Petersburg
(vgl. Humboldt an Kunth, nach 20. Juni 1849 (https://edition-humboldt.de/H0005457). Rasch ging 1850 in Magdeburg in Festungshaft.
[Schließen]Schicken Sie mir gutigst bald
den Brief von Fr.
Caroline
zuruk[,]
da ich ihr antworten muss[.]
| 2r
Ist denn die Verbindung mit dem Refer.
Gustav Rasch zu wünschen? Ware er
ganz unschuldig so wurde er nicht
entwichen sein. Der Konig
scheint ihn
amnistiren [sic] zu wollen wenn er seine
Reue erklärt was
man aber in der
Zeitung publiciren wird. Ob er diese
Bedingung
annimmt.
Belastigung! AHt
Berlin Donnerstags
| 2v
Sr WohlgeborenHerrn Prof. Kunth
mit einem Hefte
AlHumboldt
Da ich die Nov.
Gen
nicht besize so muss
ich fragen ob T. I p 315
etwas anderes uber
Piri-
guao Palme steht
als Vgl. Humboldt 1826c, II, 91–102.
[Schließen]meine unbotanische
Bescheibung?
Zitierhinweis
Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen
Download
Kanonische URLDieser Link führt stets auf die aktuelle Version.
Versionsgeschichte
Dieses Dokument liegt auch in älteren Versionen der edition humboldt digital vor. Die Versionen, die eine Änderung gegenüber der jeweiligen Vorgängerversion beinhalten, sind mit einem Punkt gekennzeichnet.